PBV-Vorstandsmitglieder
Dr. med. Norbert A. Franz, Vorsitzender
Prof. Dr. med. Markus Hambek, 2. Vorsitzender
Dr. med. Christoph Gepp, 2. Vors./Schatzmeister
Dr. med. Thomas P. Ems, Geschäftsführer

Editorial

 

Liebe Mitglieder,
wir hoffen, Sie hatten einen guten Start im Jahr 2023, auch wenn die für alle Privatärzte wichtigste Thematik noch nicht geregelt ist: die Neuordnung der GOÄ bzw. die Verbesserung der Einnahmenseite. Dies ist bei den rasant steigenden Kosten von zunehmender Dringlichkeit. Die Bundesärztekammer (BÄK) hat daher gemäß Beschluss vom Ärztetag 2022 eine sogenannte „bepreiste Ärzteversion“ der GOÄ zum Ende des Jahres beim Bundesgesundheitsministerium eingereicht. Auch wenn die Arbeit an einer mit dem PKV-Verband konsentierten Version weitergeht, ist der Abschluss dieser Konsentierung rechtlich keine Voraussetzung zum Erlass einer neuen GOÄ-Verordnung. Das Ministerium ist also zum Handeln aufgefordert. Aktuell scheint man dort aber auf Tauchstation zu gehen. Daher ist es seitens der BÄK intendiert, bis März/April Vorschläge zu erarbeiten, wie die Einnahmenseite auch im Rahmen der alten GOÄ verbessert werden kann. Hierzu wollen wir mit Ihnen auf unserer Jahreshauptversammlung am 06.05.2023 in Frankfurt/Main diskutieren. Merken Sie sich daher bitte schon jetzt den Termin vor, gesonderte Einladungen folgen per E-Mail.

 

Gleichzeitig zum gesundheitspolitischen Wirken gilt es, auch medial unsere Positionen zu vertreten. Daher hat der PBV eine repräsentative Umfrage zur Privatmedizin in der Bevölkerung durchgeführt. Die Ergebnisse finden Sie in einem Beitrag dieser PÄP und demnächst auch in anderen Medien publiziert. Über weitere PR-Maßnahmen möchten wir auch im Rahmen der Jahreshauptversammlung berichten. Ferner finden Sie in dieser Ausgabe einen Beitrag zur aktuellen Entwicklung bezüglich der Dienstverpflichtung von Privatärzten.

Wir wünschen Ihnen eine erkenntnisgewinnende Lektüre

 

Ihr Vorstand des PBV

 

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in der PÄP auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.


Joachim Blum ist Steuerberater und Fachberater für das Gesundheitswesen (DStV e. V.) in der Kanzlei Laufenberg Michels und Partner mbB in Köln.

PBV-Vorstandsmitglieder
Dr. med. Norbert A. Franz, Vorsitzender
Prof. Dr. med. Markus Hambek, 2. Vorsitzender
Dr. med. Christoph Gepp, 2. Vors./Schatzmeister
Dr. med. Thomas P. Ems, Geschäftsführer


PBV-Umfrage deckt deutliche Wissenslücken auf
Privatarzt? Da darf ich nicht hin!

Ist das deutsche Gesundheitssystem tatsächlich ein undurchsichtiger Dschungel? Welches Kostenbewusstsein haben eigentlich die Bundesbürger? Und welche Rolle spielt die Privatmedizin? Mit diesen und weiteren Fragen haben wir das Meinungsforschungsinstitut Innofact, Düsseldorf, konfrontiert und mit einer repräsentativen Umfrage unter 1102 Bundesbürgern beauftragt. *Die Ergebnisse sind zum Teil ernüchternd.

 

Beispiel mangelhafte Kostentransparenz: Zwei von drei Befragten (68 %) beklagen sich über fehlenden Einblick in die Kosten ihres Arztbesuches. Mit gravierenden Folgen: Denn tatsächlich schätzen lediglich 18 % der Befragten die Kosten für die Erstanamnese richtig ein. Bei der Befragung von Innofact rechnet fast die Hälfte der Befragten (48 %) mit Kosten von 51 bis 100 €. 34 % sehen die Kosten sogar bei über 100 € liegen.

 

Die freie Arztwahl ist den wenigsten bewusst

 

Auch die Rolle des Privatarztes ist den meisten der Befragten unbekannt. So weiß nur gut die Hälfte (53 %), dass in Deutschland freie Arztwahl herrscht und man auch als gesetzlich Versicherte zum Privatarzt gehen darf. Weiteres Problem: Bei der Innofact-Studie halten zwei von drei Befragten (64 %) Privatärzte für zu teuer und gehen schon allein aus diesem Grund nicht zu ihnen. Entsprechend waren bisher lediglich 5 % der gesetzlich Krankenversicherten schon einmal bei einem Privatarzt.

Dabei ist die Bereitschaft unter Befragten, für den Besuch beim Privatarzt das eigene Portemonnaie zu öffnen, durchaus vorhanden: 45 % würden 21 bis 50 € zahlen, 14 % sogar mehr als 50 €. Hier gilt es, künftig auch kommunikativ anzuknüpfen. Schließlich wäre das Geld gut angelegt: Privatärzte haben einfach mehr Zeit für den Patienten und mehr Möglichkeiten, die richtige Behandlung anzustoßen, weil sie nur ein Bruchteil der Bürokratie eines Kassenarztes bewältigen müssen.

 

Nur jeder Zwölfte ist Selbstzahler

 

Dennoch: Im Schnitt ist lediglich jeder zwölfte Patient beim Privatarzt Selbstzahler. Hierzu befragten wir parallel zu Innofact unsere eigenen Mitglieder. Demnach kommen gesetzlich Versicherte vor allem aus drei Gründen zum Privatarzt: Sie erhoffen sich einen schnelleren Termin, eine zweite Meinung sowie mehr Zeit vom Arzt für eine genaue Diagnose. Laut unserer eigenen Umfrage nehmen sich 64 % der befragten Privatmediziner mehr als 30 Minuten Zeit für die Erstanamnese.

 

Resümee

 

Übrigens: Auch trotz veralteter GOÄ bereut kaum einer unserer Mitglieder den Schritt in die Privatmedizin – im Gegenteil! Lediglich 3,5 % würden heute eine andere Entscheidung treffen. Bei den Zufriedenen ist die Motivation durchweg dieselbe: Die überwältigende Zahl der befragten Privatärzte betont, dass sie einfach mehr Zeit für den Patienten haben und mehr Möglichkeiten, die richtige Behandlung anzustoßen.


Über weitere Ergebnisse dieser von uns initiierten und finanzierten Umfrage unter der Bevölkerung, aber auch über die sehr interessanten Ergebnisse der Umfrage unter den PBV-Mitgliedern wollen wir im Rahmen der Jahreshauptversammlung am 06.05.2023 in Frankfurt/Main mit Ihnen diskutieren: Welche Konsequenzen können wir aus den Ergebnissen ziehen? Wie können wir mehr Patienten gewinnen? Welche Möglichkeiten bieten sich dafür?

Also merken Sie sich schon jetzt diesen Termin vor:
Jahreshauptversammlung am 06.05.2023 in Frankfurt/Main. Wir freuen uns auf Sie!

Ihr Vorstand des PBV


Joachim Blum ist Steuerberater und Fachberater für das Gesundheitswesen (DStV e. V.) in der Kanzlei Laufenberg Michels und Partner mbB in Köln.

Matthias Hauer
Matthias Hauer ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht in Bad Nauheim.


Privatmedizin aktuell
Streit um den hessischen Bereitschaftsdienst

Seit Privatärzte am Bereitschaftsdienst (Ärztlicher Bereitschaftsdienst, ÄBD) der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen teilnehmen und diesen mitfinanzieren sollen, gibt es erhebliche Irritation bei den Betroffenen.

Das Hessische Landessozialgericht hatte in einem Beschluss vom 17.03.2022 in einem Eilverfahren festgestellt, dass bei der im einstweiligen Rechtschutz gebotenen summarischen Prüfung ernsthafte Zweifel bestehen, ob die Kassenärztliche Vereinigung Hessen (KV Hessen) befugt ist, Privatärzte auf Grundlage ihrer Bereitschaftsdienstordnung zu Beiträgen heranzuziehen. Inzwischen gibt es weitere Entscheidungen der Gerichte – auch in der Hauptsache –, die diese Tendenz unmissverständlich bestätigen.

 

Welche Bedeutung hat der Streit?

 

Die KV Hessen hat verlauten lassen, dass bei ihr, Stand 25.11.2022, über 1000 Widerspruchsverfahren sowie ca. 400 Antragsverfahren zum Themenkomplex der ÄBD-Privatärzte offen sind. Die überwiegenden Verfahren seien wegen anhängiger Gerichtsverfahren ruhend gestellt. Grundsätzlich seien nach ihrem Kenntnisstand ca. 1000 Privatärzte beitragspflichtig. Zum Stand 07.03.2022 seien Beiträge in einer Gesamthöhe von rund 2,6 Mio. € offen gewesen. Der Gesamtbetrag der von den Privatärzten in den Beitragsjahren 2019 bis 2021 erhobenen Beiträge habe im März 2022 über 7 Mio. € betragen.

Diese Zahlen zeigen die Größenordnung und die wirtschaftliche Bedeutung der Beitragspflicht. Dabei geht es für die Privatärzte nicht nur um die Frage, ob sie künftig Beiträge zahlen müssen, sondern selbstverständlich auch um Rückzahlung an die Betroffenen.

 

Was ergibt sich aus dem Gesetz?

 

§ 75 SGB V regelt den Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigung und die Versorgung außerhalb der sprechstundenfreien Zeiten. Demnach sind nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte, die aufgrund einer Kooperationsvereinbarung mit der Kassenärztlichen Vereinigung in den Notdienst einbezogen sind, zur Leistungserbringung im Rahmen des Notdienstes berechtigt und nehmen zu diesem Zweck an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes ergibt sich aus der Befugnis zur Regelung der Angelegenheiten der Sozialversicherung im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG.
 
Das hessische Landesrecht regelt die Heranziehung von Privatärzten zu Diensten und zur Kostenbeteiligung ebenfalls und zwar in § 23 Nr. 2 des Hessischen Heilberufsgesetz. Demnach haben Ärzte, die in eigener Praxis tätig sind, am Ärztlichen Bereitschaftsdienst der KV Hessen teilzunehmen und sich an den Kosten des ÄBD der KV Hessen zu beteiligen. Für die Einrichtung und Durchführung des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes im Einzelnen ist die Bereitschaftsdienstordnung der KV Hessen maßgebend. Diese regelt unter anderem in § 8 Abs. 3 die Beitragspflicht der Privatärzte.

Demnach wird bei Privatärzten grundsätzlich die Hälfte des Höchstbeitrages je Quartal erhoben.
Die Regelung des Bundes und die landesrechtlichen Regelungen in Hessen weichen ganz offenkundig voneinander ab. Daraus ergibt sich die Frage, ob das Land Hessen überhaupt befugt ist, eine eigene Regelung zu treffen. Falls man eine Gesetzgebungskompetenz des Landes Hessen bejaht, ergibt sich die Folgefrage, ob das Land Hessen eine von der bundesgesetzlichen Regelung abweichende Regelung treffen darf. Wenn man auch diesen Punkt bejaht, dann stellt sich die Frage, ob die konkrete Beitragsbemessung den Grundsätzen der sogenannten Beitragsgerechtigkeit genügt.

 

Wie ist der aktuelle Stand?

 

Das Sozialgericht Marburg hatte durch Gerichtsbescheid vom 28.01.2022 – AZ: S 18 KA 464/20 sowie in mehreren Parallelverfahren in erster Instanz entschieden, dass die Heranziehung und Kostenbeteiligung von Privatärzten zum bzw. am Ärztlichen Bereitschaftsdienst der KV Hessen vom Gestaltungsspielraum des Hessischen Landesgesetzgebers und der Ermächtigungsgrundlage des § 23 Nr. 2 des Hessischen Heilberufsgesetzes gedeckt ist. Die Regelung der Bereitschaftsdienstordnung zur Berechnung der Beitragshöhe für die Kostenbeteiligung verstoße jedoch gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG, weil bei der Berechnung der Beitragshöhe ohne sachliche Gründe im Fall der Vertragsärzte auf eine Berücksichtigung der Einnahmen aus privatärztlicher Tätigkeit verzichtet wird, während im Fall der Privatärzte gerade das Jahresbruttoeinkommen als Bezugsgröße dient.

Das Hessische Landessozialgericht hatte in zweiter Instanz mit Urteil vom 27.07.2022 – AZ:  4 KA 16/22 sowie in weiteren Parallelverfahren entschieden, dass weder §§ 23, 24 des Hessischen Heilberufsgesetzes i. V. m. § 26 der hessischen Berufsordnung noch § 75 Abs. 1b SGB V die KV Hessen zur Regelung eines Beitrages zulasten von Privatärzten im Rahmen einer verpflichtenden Teilnahme von Privatärzten am Bereitschaftsdienst der KV Hessen ermächtigen. Das SGB V regelt Aufgaben und Befugnisse der Kassenärztlichen Vereinigungen in dem hier relevanten Zusammenhang abschließend. Für eine verpflichtende Einbeziehung von Privatärzten in einen allein von der KV Hessen durch eine Bereitschaftsdienstordnung geregelten Bereitschaftsdienst bedarf es einer bundesrechtlichen Öffnungsklausel, die es – jedenfalls derzeit – nicht gibt.

Die KV Hessen hat hiergegen Revision zum Bundessozialgericht eingelegt. Das Revisionsverfahren hat dort das Aktenzeichen B 6 KA 19/22 R. Weitere Parallelverfahren sind ebenfalls am Bundessozialgericht rechtshängig. Wann mit einer Entscheidung gerechnet werden kann, ist offen.

 

Was könnte perspektivisch geschehen?

 

Wenn das Bundessozialgericht der Auffassung des Landessozialgerichtes folgt, dann kann die streitgegenständliche Beitragsforderung nicht ohne Weiteres erneut geltend gemacht werden. Die gerichtliche Entscheidung erschöpft sich nicht in der Aufhebung des angefochtenen Beitragsbescheides, sondern verbietet zugleich den Erlass eines neuen Beitragsbescheides in derselben Sache. Eine Anpassung der Bereitschaftsdienstordnung der KV Hessen an die gewonnenen Erkenntnisse wäre nicht möglich, weil es an der notwendigen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage fehlen würde. Der Hessische Landesgesetzgeber wäre ohne korrespondierende bundesgesetzliche Regelungen nicht befugt, im Wege einer Änderung des Heilberufsgesetzes nachzubessern. Wenn also das Bundessozialgericht der Auffassung des Landessozialgerichtes folgt, dann wäre die jetzige Regelung ohne eine Gesetzesänderung auf Bundesebene endgültig hinfällig.

Im Übrigen könnte selbst bei Eingreifen des Bundesgesetzgebers der Faktor Zeit eine Rolle spielen. Das Landessozialgericht hat darauf hingewiesen, dass der Hoheitsträger – gemeint ist die KV Hessen – nicht auf die begünstigenden Wirkungen des Prozessrechtsverhältnisses, zum Beispiel auf Fristen, vertrauen darf. Selbst bei Erfüllung aller normativen Voraussetzungen könnten neue Beitragsforderungen der KV Hessen für zurückliegende Zeiträume infolge des Zeitablaufes an der Verjährung scheitern.

Das Landessozialgericht ist auch auf die Frage der Dienstpflicht eingegangen, obwohl diese nicht Streitgegenstand ist. Zur Dienstpflicht hat es festgestellt, dass eine Kassenärztliche Vereinigung nicht berechtigt ist, über Satzungsrecht den Kreis der zur Teilnahme am Bereitschaftsdienst verpflichteten Ärzte zu erweitern. Vielmehr bedarf es auch für die Dienstpflicht einer bundesrechtlichen Öffnung auf sozialversicherungsrechtlicher Kompetenzgrundlage. Die Teilnahmepflicht ist – aus Sicht des Hessischen Landessozialgerichtes – aus denselben Gründen rechtswidrig wie die Beitragspflicht.


Sonja Schroeter
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